Fachtagung Kita- und Schulverpflegung Oberbayern
In Kita und Schule is(s)t die Welt

Linsencurry mit Broccoli und Blumenkohl auf weißem Teller angerichtet

© KErn

Gute, ausgewogene Verpflegung in Kita und Schule ist eine Herausforderung. Verpflegung wandelt sich stetig. Regionalität, Ökologie und ernährungs­wissenschaftliche Ansprüche spielen ebenso eine Rolle wie der digitale Wandel in der Gemeinschaftsverpflegung. Zudem prägen unsere Geschichte und Erfahrungen unsere Essgewohnheiten über Jahrzehnte.

Wie soziale Medien Einfluss auf Kinder und Jugendliche und deren Essverhalten nehmen und warum kultursensible Ernährung in Kitas und Schulen immer wichtiger wird, erfuhren die Teilnehmer der Fachtagung Kita- und Schulverpflegung der oberbayerischen Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg-Erding und Fürstenfeldbruck Mitte April 2024 im Veranstaltungsforum Fürstenfeld in Fürstenfeldbruck.

Vortrag "Künstliche kulinarische Intelligenz – der digitale Wandel in der Gemeinschaftsverpflegung"

Viele Kinder und Jugendliche von heute beschäftigen sich mit ihrer Ernährung. Sie informieren sich weitgehend über Social-Media-Plattformen, berichtete Hendrik Haase, Publizist und Foodaktivist.

"53 Prozent der Generation Z finden Inspiration zu Lebensmitteln auf TikTok, fünf aufs Essen bezogene Hashtags bei Instagram liefern eine Milliarde Beiträge“.
Hendrik Haase

Das Interesse an gesunder Ernährung ist also riesig und die Flut an Informationen ebenso. Neben wissenschaftlich fundierten Quellen finden sich auch Tipps von selbst ernannten Ernährungsexperten, durch die die Jugendlichen sich unbewusst beeinflussen lassen, warnte der Experte. Viele fühlten sich durch entsprechende Empfehlungen verunsichert oder "nicht gut genug" und versuchten, "weniger" oder "gesünder" zu essen.

Haase zeigte auf, was mit künstlicher Intelligenz (KI) möglich ist:

  • KI erkennt, ob eine Speise schon fertiggekocht ist.
  • KI gibt eine Prognose ab, welches Gericht besonders gut bei den Gästen ankommen wird.
  • KI analysiert Bilder und kann Aussagen treffen, wie gesund die Speise ist und wie viele Kalorien sie enthält.
  • KI bestimmt die Menge von Lebensmittelabfällen.

Das alles und viel mehr ist möglich! Die digitalen Medien und KI bieten also Vorteile, doch sie bergen auch Gefahren. So könnten Kinder und Jugendliche – durch das Internet beeinflusst – ein problematisches Verhältnis zum Essen entwickeln, bemerkte Haase.

Wichtig ist der Genuss!

Zum Genießen gehört es, die Speisen schmecken, riechen, fühlen, anfassen zu können. Das ist im digitalen Raum nicht möglich und hier kommt die „reale“ Kita- und Schulverpflegung ins Spiel, die das Essen aus der digitalen in die analoge Welt zurückholt und für die Essensgäste erlebbar macht.

"Essen kann hier als Anker zur analogen Welt fungieren."
Hendrik Haase

Kultursensible Ernährungsbildung
"In der Kita trifft sich die Welt", sagte Sonja Pöhls, Diplom-Oecotrophologin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Sie meint damit die Kinder aus vielen verschiedenen Kulturen, die in der Kita zusammenkommen. Verschiedene Kulturen zeigen sich durch das, was jeder in seiner sozialen Gruppe gelernt hat, auch und besonders beim Essen. So kann es große Unterschiede darin geben, wie und wo, wann und was der Mensch isst und trinkt. Für Kinder, Eltern und pädagogisches Personal ist dies eine Herausforderung. Es gilt, sich die Unterschiede bewusst zu machen und zu erfassen, wodurch sie zustande kommen.

Wichtig für die Pädagogen ist es, interkulturelle Kompetenzen zu entwickeln, das heißt, "das eigene Wertesystem zu reflektieren und sich in fremde Denk- und Handlungsmuster einfühlen zu können", empfiehlt Pöhls. Empathie, Toleranz und Akzeptanz dem anderen gegenüber und gegenseitige Wertschätzung seien Voraussetzung für ein gutes Miteinander. Das Wissen über bevorzugte Lebensmittel, die Art der Zubereitung oder religiöse Aspekte sowie die Bereitschaft, dieses Wissen auch umzusetzen, erleichtert das Zusammenwachsen der Kulturen.

Forum "Kultursensible Mahlzeitengestaltung – alle an einem Tisch"

Sonja Pöhls vertiefte das Thema am Nachmittag in einem Forum. Die Teilnehmenden veränderten vorgegebene Speisepläne, indem sie typische Lebensmittel und Speisen aus dem türkischen oder ukrainischen Kulturkreis einbezogen.

So wurden

  • bei Geflügelgeschnetzeltem mit Spätzle und Karotten die Spätzle durch Bulgur ersetzt oder
  • zum Frühstück zusätzlich Kefir angeboten.

Durch diese einfachen Maßnahmen zeigt sich Wertschätzung und Verständnis den anderen Kulturen gegenüber, und alle lernen und entdecken neue Geschmäcker.

Kochen mit geretteten Lebensmitteln

Wie nachhaltige Verpflegung in Kita und Schule gelingt, darüber diskutierte Günes Seyfarth, Unternehmerin und Gründerin der Community Kitchen, München, mit den Teilnehmern. In ihrem Lokal bietet sie Speisen aus überwiegend geretteten Lebensmitteln an und arbeitet stets mit dem Blick auf wirksamen Klimaschutz. Sie beschrieb, wie sie an einem Münchner Gymnasium mit geretteten Lebensmitteln Kinder und Jugendliche dazu animiert, selbst Teil der Lebensmittelrettung zu sein. Die Referentin stellte in ihrem Forum ihre Erfahrungen und die daraus resultierenden Lösungswege vor.

Zuckerfallen aufgedeckt

Beim Forum "Zuckerfallen aufgedeckt" präsentierte Anja Schwengel-Exner, Verbraucherzentrale Bayern e.V., eine Ausstellung zum Thema Zucker. Es ging darum, wie viel Zucker für eine ausgewogene Ernährung akzeptabel ist, um die Identifizierung versteckter Zucker in Lebensmitteln, die Vor- und Nachteile von Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen sowie um Wege, irreführende Werbeaussagen zu durchschauen. Schwengel-Exner führte die Teilnehmer durch die Ausstellung und beantwortete fachkundig ihre Fragen. Dabei konnten die Teilnehmer auch praktische Erfahrungen sammeln, zum Beispiel durch den „Zuckercheck“, bei dem sie verschiedene Lebensmittel den entsprechenden Zuckermengen zuordnen konnten. Der rege Austausch zwischen den Teilnehmern und der Referentin zeugte von großem Interesse an dem Thema.

Arbeiten mit dem Biospeiseplaner

Daniela Schmid von Tollwood Umweltprojekte München stellte den "Biospeiseplaner" vor. Das kostenfreie Online-Tool steht als nützliche Hilfe für selbstkochende Kitas und Grundschulen zur Verfügung. Die Einrichtungen können damit auf viele gesundheitsförderliche Rezepte und ernährungsphysiologisch ausgewogene, saisonal abgestimmte Sechs-Wochen-Speisepläne zugreifen, Kosten kalkulieren und Einkaufslisten erstellen. Der Einsatz des Biospeiseplaners ermöglicht ein umweltverträgliches und effektives Wirtschaften in der Küche. Die Teilnehmer des Forums konnten Fragen zum Hintergrund sowie zum praktischen Einsatz des Online-Tools klären.

Arbeitsmaterialien für den Unterricht

Stefanie Schirle, AELF Fürstenfeldbruck, und Eva Stolze, AELF Ebersberg-Erding, stellten in ihren Foren Unterrichtsmaterialien zu folgenden Angeboten vor:

Die Materialien können im Rahmen der Alltagskompetenzen in Schulen eingesetzt werden. Das Angebot wurde von den Teilnehmenden aus dem pädagogischen Bereich gerne wahrgenommen.

Austausch

Die Tagungsteilnehmer nutzten die Zeit und Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen und Gespräche zu führen. So sagte eine Teilnehmerin nach dem gemeinsamen Mittagessen: "Es war so schön, dass wir uns hier wieder einmal treffen konnten und auch Zeit hatten, zu reden!"

Rückblick

Fachtagung 2022

Drei Kinder stehen neben oranger Tafel mit Aufschrift "Das essen wir diese Woche"

© StMELF/Tobias Hase

Mahlzeit = Bildungszeit
Gemeinsames Essen und Trinken in Kita und Schule dient nicht nur der reinen Nahrungsaufnahme, sondern bietet vielfältige Bildungsmöglichkeiten. Der Blick über den Tellerrand lohnt sich, denn gut gestaltete Mahlzeiten vermitteln Sozial- und Alltagskompetenzen.
Wie dies gelingen kann, zeigte die Fachtagung Kita- und Schulverpflegung Oberbayern West, die Mitte Juli 2022 im Veranstaltungsforum Fürstenfeld stattfand.
Ingo Barlovic steht neben Rednerpult, im Hintergrund Bild auf einer LeinwandZoombild vorhanden

Ingo Barlovic

Kinder und Jugendliche ticken anders als Erwachsene – auch in puncto Ernährung. Ob Nachhaltigkeit beim Essen eine Rolle spielt und welche Gründe für die jüngeren Generationen dafür sprechen, auf Fleisch zu verzichten, beleuchtete Ingo Barlovic von der iconkids & youth international research GmbH in seinem Vortrag.
Kariane Höhn sprichtZoombild vorhanden

Kariane Höhn

"Kaum eine Alltagshandlung in Kita und Schule birgt so viele Möglichkeiten, pädagogische und organisatorische Wechselwirkungen zu betrachten, wie Essen und Trinken", betonte Kariane Höhn, Dipl. Sozialpädagogin und Fachreferentin frühkindliche Bildung. Denn was wir essen und was nicht, wie und wo wir essen, mit wem wir essen und zu welcher Zeit ist ihrer Aussage nach geprägt durch die Esskultur unserer Familie und individuell: "Jeder von uns is(s)t anders." Die unterschiedlichen Esskulturen verdeutlichte sie durch Bilder und Geschichten von Ess-Situationen auf verschiedenen Kontinenten. In der Kita gelte es, eine Brücke zu bauen von der Familienkost zur Kita-Kost. Höhn zeigte in ihrem Vortrag auf, wie dies gut gelingen kann.
In ihrem Forum "Essgeschichten weiterschreiben" vertiefte Kariane Höhn am Nachmittag das Thema. Anhand praktischer Beispiele erläuterte sie, wie die pädagogischen Fachkräfte in der Kita konkret vorgehen können, um die Entwicklung des Kindes beim Essen zu fördern. So mahnte sie an, die Kinder selbst aktiv werden zu lassen, ihnen genügend Zeit zum Essen und somit auch zum Lernen zu geben.
Sibylle Wilma steht hinter Tisch mit NotebookZoombild vorhanden

Sibylle Wilma

Ein zweites Forum mit dem Titel "Grünzeug – Hasen- oder Kinderfutter? Kommunikationstipps für das Ausgabepersonal und die Essensbegleitung" gestaltete Sibylle Wilma, Geschäftsführerin Catering Brot & Spiele, Postbauer-Heng. Wilma berichtete aus ihrer Praxis als Speisenanbieterin für Schulverpflegung und diskutierte mit den Teilnehmern über steigende Preise, schwer zufriedenzustellende Kinder und Eltern und wie ein abwechslungsreiches Angebot in einer Schulmensa aussehen kann.
Ursula Liersch kniet auf PlakatZoombild vorhanden

Ursula Liersch

Unter dem Motto "Spielerisch durch die Welt der Lebensmittel" stellte Ursula Liersch das Portfolio der Verbraucherzentrale Bayern e.V. vor. So zum Beispiel "Check dein Essen", ein Angebot, bei dem Kindern und Jugendlichen der Zusammenhang zwischen dem eigenen Ernährungsverhalten und dem Klima aufgezeigt wird. "Powerkauer", ein Mannschaftsspiel, vermittelt neben Infos zu heimischen und exotischen Lebensmitteln auch Kenntnisse über Wachstums- und Erntezeiten und Geografie.
Personen unterhalten sich an Bistrotischen

Zeit für Austausch

Die Tagungsteilnehmer nutzten die Zeit und Gelegenheit, sich auszutauschen und Gespräche zu führen. So sagte eine Teilnehmerin nach dem gemeinsamen Mittagessen: "Es war so schön, dass wir uns hier wieder einmal treffen konnten und auch Zeit hatten, zu reden. Bei den Online-Veranstaltungen klappt das einfach nicht so gut!"
Begrüßungssnack

Begrüßungssnack

2 Frauen unterhalten scih

Markt der Möglichkeiten

2 Frauen unterhalten scih

Markt der Möglichkeiten

Personen sitzen in Veranstaltungssaal

Plenum

Personen stehen mit Tellern vor Tisch mit Speisen

Mittagessen