Rückblick Fachtagung Kita- und Schulverpflegung Oberbayern West
Mahlzeit = Bildungszeit

Drei Kinder stehen neben oranger Tafel mit Aufschrift "Das essen wir diese Woche"

© StMELF/Tobias Hase

Gemeinsames Essen und Trinken in Kita und Schule dient nicht nur der reinen Nahrungsaufnahme, sondern bietet vielfältige Bildungsmöglichkeiten. Der Blick über den Tellerrand lohnt sich, denn gut gestaltete Mahlzeiten vermitteln Sozial- und Alltagskompetenzen.

Wie dies gelingen kann, zeigte die Fachtagung Kita- und Schulverpflegung Oberbayern West, die Mitte Juli 2022 im Veranstaltungsforum Fürstenfeld stattfand.

Dokumentenservice für Teilnehmende
Die Vorträge und Präsentationen stehen für die Tagungsteilnehmer bis 9. September 2022 zum Nachlesen zur Verfügung, soweit sie uns von den Referentinnen und Referenten überlassen wurden. Die Urheberrechte an den Unterlagen sind zu beachten; sie liegen in der Regel bei den Autoren.

Ingo Barlovic steht neben Rednerpult, im Hintergrund Bild auf einer LeinwandZoombild vorhanden

Ingo Barlovic

Kinder und Jugendliche ticken anders als Erwachsene – auch in puncto Ernährung. Ob Nachhaltigkeit beim Essen eine Rolle spielt und welche Gründe für die jüngeren Generationen dafür sprechen, auf Fleisch zu verzichten, beleuchtete Ingo Barlovic von der iconkids & youth international research GmbH in seinem Vortrag.
Kariane Höhn sprichtZoombild vorhanden

Kariane Höhn

"Kaum eine Alltagshandlung in Kita und Schule birgt so viele Möglichkeiten, pädagogische und organisatorische Wechselwirkungen zu betrachten, wie Essen und Trinken", betonte Kariane Höhn, Dipl. Sozialpädagogin und Fachreferentin frühkindliche Bildung. Denn was wir essen und was nicht, wie und wo wir essen, mit wem wir essen und zu welcher Zeit ist ihrer Aussage nach geprägt durch die Esskultur unserer Familie und individuell: "Jeder von uns is(s)t anders." Die unterschiedlichen Esskulturen verdeutlichte sie durch Bilder und Geschichten von Ess-Situationen auf verschiedenen Kontinenten. In der Kita gelte es, eine Brücke zu bauen von der Familienkost zur Kita-Kost. Höhn zeigte in ihrem Vortrag auf, wie dies gut gelingen kann.
In ihrem Forum "Essgeschichten weiterschreiben" vertiefte Kariane Höhn am Nachmittag das Thema. Anhand praktischer Beispiele erläuterte sie, wie die pädagogischen Fachkräfte in der Kita konkret vorgehen können, um die Entwicklung des Kindes beim Essen zu fördern. So mahnte sie an, die Kinder selbst aktiv werden zu lassen, ihnen genügend Zeit zum Essen und somit auch zum Lernen zu geben.
Sibylle Wilma steht hinter Tisch mit NotebookZoombild vorhanden

Sibylle Wilma

Ein zweites Forum mit dem Titel "Grünzeug – Hasen- oder Kinderfutter? Kommunikationstipps für das Ausgabepersonal und die Essensbegleitung" gestaltete Sibylle Wilma, Geschäftsführerin Catering Brot & Spiele, Postbauer-Heng. Wilma berichtete aus ihrer Praxis als Speisenanbieterin für Schulverpflegung und diskutierte mit den Teilnehmern über steigende Preise, schwer zufriedenzustellende Kinder und Eltern und wie ein abwechslungsreiches Angebot in einer Schulmensa aussehen kann.
Ursula Liersch kniet auf PlakatZoombild vorhanden

Ursula Liersch

Unter dem Motto "Spielerisch durch die Welt der Lebensmittel" stellte Ursula Liersch das Portfolio der Verbraucherzentrale Bayern e.V. vor. So zum Beispiel "Check dein Essen", ein Angebot, bei dem Kindern und Jugendlichen der Zusammenhang zwischen dem eigenen Ernährungsverhalten und dem Klima aufgezeigt wird. "Powerkauer", ein Mannschaftsspiel, vermittelt neben Infos zu heimischen und exotischen Lebensmitteln auch Kenntnisse über Wachstums- und Erntezeiten und Geografie.
Personen unterhalten sich an Bistrotischen

Zeit für Austausch

Die Tagungsteilnehmer nutzten die Zeit und Gelegenheit, sich auszutauschen und Gespräche zu führen. So sagte eine Teilnehmerin nach dem gemeinsamen Mittagessen: "Es war so schön, dass wir uns hier wieder einmal treffen konnten und auch Zeit hatten, zu reden. Bei den Online-Veranstaltungen klappt das einfach nicht so gut!"
Begrüßungssnack

Begrüßungssnack

2 Frauen unterhalten scih

Markt der Möglichkeiten

2 Frauen unterhalten scih

Markt der Möglichkeiten

Personen sitzen in Veranstaltungssaal

Plenum

Personen stehen mit Tellern vor Tisch mit Speisen

Mittagessen

Rückblick

Fachtagung 2021

Genießen mit Verantwortung - nachhaltige Kita- und Schulverpflegung

Das Essen soll schmecken. Gleichzeitig geht es bei Lebensmitteln und der Verpflegung darum, verantwortungsvoll mit Klima und Ressourcen umzugehen. Aus dieser Motivation heraus veranstalteten die Vernetzungsstellen für Kita- und Schulverpflegung am 7. Juli 2021 ihre erste bayernweite Online-Fachtagung.
Knapp 700 Akteure aus der Kita- und Schulverpflegung waren dabei. Angelika Reiter-Nüssle, Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, begrüßte sie und betonte: "Nachhaltige Ernährung ist für unsere Gesundheit und den Klimaschutz wichtig. Ansatzpunkte gibt es von der landwirtschaftlichen Produktion über die Wertschöpfungskette bis auf den Teller. Dabei werde jeder seinen Weg machen – der eine ist noch am Anfang, der andere ist jetzt schon weiter – ein wenig gehe immer.
Das Ernährungsministerium unterstützt die Gemeinschaftsverpflegung darin, regionale und ökologische Produkte in ihr Angebot zu integrieren. Gemäß eines Ministerrats­beschlusses muss bis zum Jahr 2025 der Wareneinsatz in staatlichen Gemeinschaftsverpflegungs-Einrichtungen zu 50 % aus regionalen und teilweise auch biologischen Lebensmitteln sein. Bis 2030 sollen öffentliche Einrichtungen also auch Kitas und Schulen folgen.
Aktuelles aus der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Bayern
Susanne Dobelke, Vertreterin der bayerischen Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung, stellte die Angebote der Vernetzungsstellen vor. Ein Schwerpunkt ist es, mit Hilfe der "Bayerischen Leitlinien Kita- und Schulverpflegung" eine gesundheitsförderliche, nachhaltige Verpflegung in Kitas und Schulen zu verankern. Die Leitlinien beinhalten vier Leitgedanken: Gesundheit, Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Ein Hilfsmittel für die Umsetzung bietet z. B. die Online-Plattform RegioVerpflegung: Sie ermöglicht es Speisenanbietern in der Kita- und Schulverpflegung, Erzeuger, Verarbeiter oder Händler in ihrer Region zu finden und sich zu vernetzen.
Redner der Fachtagung

Rainer Roehl

Hauptvortrag: Was braucht die Welt? Was will das Kind? Was kann die Küche?
Hauptreferent Rainer Roehl von a`verdis zeigte auf, dass die Ansprüche von Kindern, Schülern und Eltern an die Verpflegung detaillierter und vielschichtiger werden. Sie fordern häufiger vegetarische und vegane Angebote, interessieren sich verstärkt für die ökologische Qualität und Herkunft der eingesetzten Lebensmittel und wollen auch beim Essen etwas für den Klima- und Ressourcenschutz tun, ohne dabei auf Genuss zu verzichten. Für die Küchen wird es also nicht einfacher, vor allem dann nicht, wenn zwar mehr Qualität gefordert wird, die Zahlungsbereitschaft dafür aber nicht steigt. Seine zentrale Frage lautete: “Wie lassen sich höhere gesundheitliche und ökologische Qualitätsstandards umsetzen, ohne den Genuss und ohne die Wirtschaftlichkeit zu vernachlässigen?“

Er machte anhand von fünf Stellschrauben deutlich, wie die praktische Umsetzung der Anforderungen gelingen kann, nämlich durch:

  • Rezept- und Speisenplangestaltung: deutlich stärker pflanzenbasiert, weniger Fleisch
  • Lebensmittelauswahl und -einkauf: regional, ökologisch, fair
  • Ausstattung und Technik: CO2-Reduktion durch Ökostrom
  • Strukturen und Prozesse: Lebensmittel- und Speisereste kontinuierlich prüfen und reduzieren
  • Interne und externe Kommunikation: Küchen- und Serviceteam entwickeln und weiterbilden

Er stellte aber auch klar, dass das Elternhaus neben Kita und Schule in Sachen nachhaltiger Verpflegung mitgefordert sei.

Expertengespräch: Lebensmittelabfälle reduzieren
Veronique Germscheid von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Schwaben stellte Studien dazu vor. Demnach fallen in Deutschland entlang der Lebensmittelversorgungskette – also auf dem Weg eines Lebensmittels vom Landwirt bis zum Teller - rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr an. Speiseabfälle bestehen aus Speiseresten, die v.a. bei der Essensausgabe oder als Tellerreste der Kinder/Schüler entstehen. Bei Analysen zeigen sich vermeidbare Speiseabfälle, z. B. Überproduktion, subjektive Präferenzen einzelner Gäste sowie noch verzehrbare Tellerreste.

Um Lebensmittelabfälle zu reduzieren, muss die ganze Schul- und Kitafamilie mitgenommen und aktiv beteiligt werden. Die Messung von Lebensmittelabfällen ist hierbei eine einfache Methode, um Einsparpotenziale zu erkennen. Der Aufwand lohnt sich, birgt eine Messung doch die Möglichkeit, Kosten für Einkauf, Entsorgung, sowie für unnötig erbrachte Arbeitsleistungen einzusparen. Aus der Praxis berichtete hier für den Kitabereich Kerstin Schumacher, Nachhaltigkeitsbeauftragte des AWO-Kinderhauses München. Sie konnte die Ergebnisse der Studien bestätigen. Am wichtigsten, um die Lebensmittelreste zu reduzieren, sei die Kommunikation und Rückmeldung zu den Portionsgrößen und Vorlieben der Kinder.

Den Kindern werden auch Wahlmöglichkeiten angeboten. Bereits die Kleinsten dürfen am Buffet unterschiedliche Einzel-Komponenten in kleinen Mengen selbst auswählen und bekommen gegebenenfalls Nachschlag. Eintöpfe und Aufläufe verursachen erfahrungsgemäß große Tellerreste und werden eher selten angeboten. Ein grob vorgegebener 4-Wochen-Speiseplan wird flexibel angepasst an die Vorlieben der Kinder und auch hinsichtlich saisonaler Lebensmittel. Durch Einbindung der Kinder wird so die Wertschätzung für Lebensmittel erhöht. Auch das Thema "pädagogischer Happen" spielt hierbei eine wichtige Rolle.

Speisenanbieter Martin Albrecht schafft es bei ca. 5000 Essen täglich nahe an den Kundenwünschen zu sein und somit Lebensmittelreste zu vermeiden. Sein 6-Wochen-Speiseplan wird immer wieder auf Akzeptanz überprüft. Ein Feedbacksystem ermöglicht direkte Rückmeldung an den Caterer. Neue Gerichte werden erst in den Speiseplan mit aufgenommen, wenn sie als Testgerichte in einzelnen Einrichtungen ausprobiert und gut angenommen wurden. Auch er bestätigt, dass eher einfache Gerichte mit Einzelkomponenten bessere Akzeptanz erzielen und somit weniger Tellerreste entstehen. Gerade bei fleischlosen Gerichten ist die Akzeptanz im Schulbereich niedriger. Hier gibt es aus seiner Erfahrung häufig unterschiedliche Vorlieben von Schul- und Kitakindern.

Appetit auf Nachhaltigkeit: Vorstellung und Einführung neuer Gerichte
Martina Fink von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Oberbayern Ost informierte über Hülsenfrüchte. Diese sind aufgrund ihrer Pflanzeneiweiße, Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe gesundheitsförderlich und ein idealer Fleischersatz z. B. bei vegetarischer Ernährung. Durch erhöhten Verzehr dieser reduzieren sich die Treibhausgas-Emissionen um ein Vielfaches. Somit sind Hülsenfrüchte auch unter ökologischen, nachhaltigen Aspekten sehr wertvoll. Appetit auf Nachhaltigkeit machte Michael Müller, Küchenleiter der Waldorfeinrichtungen Würzburg. Er präsentierte live praxiserprobte Rezepte aus seiner Kita- und Schulküche am Kochwagen für Schulen.

Dieser Kochwagen kann auch von Schulen ausgeliehen werden, um praktisch im Unterricht kochen zu können, ohne eine eigene Schulküche vor Ort zu haben. Auf der Basis von Hülsenfrüchten wurden attraktive Brownies, Wraps, Burger und Gemüsecurry mit Reis vorgeführt. Diskutiert wurden die Umsetzbarkeit und Akzeptanz von Gerichten mit Hülsenfrüchten (Tipp: Gewürze großzügig einsetzen!) bei Kindern und Jugendlichen.

Pädagogin Christiane Klimsa vom Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München zeigte auf, wie die Einführung neuer Speisen pädagogisch begleitet werden kann. Beispielsweise können Projekte, bei denen Gemüse und Hülsenfrüchte selbst im Schulgarten angepflanzt oder im Klassenzimmer gemeinsam gekocht werden, die Einführung neuer Gerichte und damit die Wertschätzung für Lebensmittel erhöhen.

Ideen nutzen
Gisela Schaelow von der Vernetzungsstelle in Oberbayern West moderierte durch die Tagung und resümierte abschließend: "Nachhaltige Verpflegung hat Zukunft! Nutzen Sie die aufgezeigten Ideen und Anregungen und beginnen Sie mutig ein 'Genießen mit Verantwortung' in Ihrer Kita und Schule!"
Veranstalter
Die Fachtagung veranstalteten die Sachgebiete Gemeinschaftsverpflegung der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg, Abensberg-Landshut, Bayreuth-Münchberg, Ebersberg-Erding, Fürstenfeldbruck, Fürth-Uffenheim, Kitzingen-Würzburg und Regensburg-Schwandorf.